"Bis vor wenigen Jahren
war die totale Überwachung von allen persönlichen E-Mails
oder gar Telefongesprächen eine reine Illusion. Die
verfügbare Rechen- und Speicherkapazität war schlicht zu
klein. Mit der rasanten Entwicklung der Informations- und
Kommunikationstechnik wird es in nicht allzulanger Zeit vermutlich
möglich sein, sämtliche elektronische Kommunikation zu
bespitzeln, vielleicht sogar Telefongespräche. Und
tatsächlich arbeiten "Staatsschützer" und Geheimdienste
bereits fieberhaft daran, schon jetzt Zugang zu den verschiedensten
Kommunikationsinfrastrukturen zu bekommen. In einigen Ländern
wollen sie sich möglichst in Echtzeit in die
Kommunikationsströme ihrer Bürger einklinken können, in
anderen, wie beispielsweise der Schweiz mit ihrer eben erst in Kraft
getretenen BÜPF (Bundesgesetz betreffend die Überwachung des
Post- und Fernmeldeverkehrs) begnügen sie sich zumindest
vorläufig mit den Kommunikationsranddaten, die während 6
Monten gespeichert werden müssen. Schamlos nützen sie die
tragischen Ereignisse vom 11. September aus, um immer weitergehende
Überwachungskompetenzen zu fordern. Einige gehen sogar soweit,
sichere Verschlüsselungstechnologien verbieten zu wollen.
Dies hat verschiedene Auswirkungen auf die Kosten der
Kommunikation. Telekom- und Internetprovider brauchen
zusätzliches Personal und teure Technik, um die wachsenden
Überwachungsanfragen bearbeiten zu können. Kaum
vorauszusehen sind auch die Kosten und Auswirkungen der bei einem
Verschlüsselungsverbot leicht möglichen Wirtschaftsspionage
auf die heimische Wirtschaft. Ein anderer Aspekt, der bis jetzt wenig
Beachtung fand, sind die Kosten der Ausweichmöglichkeiten.
Wer wirklich privat kommunizieren möchte, der kann dies z.B. mit
Prepay-Mobiltelefonen oder von öffentlichen Telefonzellen aus
tun. Beides ist im allgemeinen mit zusätzlichen Kosten
verbunden. Eine weitere Möglichkeit der privaten Kommunikation
ist die gute alte Briefpost. Briefe sind nämlich verschlossen und
lassen sich nicht unbemerkt, automatisch und in grossen Massen nach
verdächtigen Schlüsselwörtern durchforsten. Aber auch
hier gilt: Wer Privatsphäre will, muss draufzahlen (nämlich
70 Rappen pro "Mail").
Wollten die Staatsschützer auch die
Möglichkeit des anonymen und unbemerkten Briefeschreibens
verunmöglichen, so müssten sie sämtliche
Briefkästen und Telefonzellen mit einem
Identitätskartenleser und einer Digitalkamera ausstatten. Die
Kosten sind nicht auszudenken. Aber wer weiss, ob diese Forderung im
Namen der Sicherheit nicht auch noch kommt?
Alle diese Massnahmen
werden aber eine bis zum letzten entschlossene und von ihrem Tun
restlos entschlossene Person nicht davon abhalten können, sich
mit Sprengstoff zu bepacken und auf einem belebten Platz in die Luft
zu sprengen. Terror ist schrecklich, aber seine Ursache liegt nicht in
der privaten Kommunikation der Menschen. Es macht deshalb auch keinen
Sinn, diese zu verunmöglichen."
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