Geht das nur mir so, oder fält das auch anderen auf?
Wenn man genauer nachschaut dann sind zwei Wellen festzustellen: Einmal Nov/Dez Jahres (z.B. Bezahl-Web kommt durch die Hintertür, Hintergrund: Bezahl-Web, Tomorrow Focus/SpiegelNet setzt auf ...) und dann wieder Ende Juli (Zeitungsverleger wettern gegen Online-Auftritte öffentlich-rechtlicher Sender, Software soll Erfolg für Bezahl-Inhalte im Web bringen, Mehr Akzeptanz für Bezahl-Inhalte im Web). Dazwischen eigentlich kaum was, außer 1-2 Nachrichten, daß das Bezahlweb doch nicht funzt (Bezahl-Inhalte im Web haben schlechte Chancen, Bezahl-Inhalte im Internet ohne Erfolg).
Alle Beispiele sind der Einfachheit halber von Heise. Eine Suche bei anderen Newsdiensten bringt gleiche Inhalte und Zeitpunkte - ja sogar in (gedruckten) Zeitungen taucht es auf, was für den letzten Denkanstoß bei mir sorgte.
Was ich mich jetzt Frage ist, ob das jetzt nur die Ausnutzung der üblichen Denkfaulheit (und der Zwang die Seiten zu füllen) bei den Redaktoren ist, der das verursacht, oder ob Meinungspusher zusammen mit Standesorganisationen und Ähnlichem versuchen das Klima zu ändern. Oder ist es nur Sauregurkenzeit? Ich mein, die Lobby der Werbefuzzies die glauben (oder den Glauben vorgeben), daß man mit genug bunten Plakaten Nachfrage generieren, Marken schaffen und Meinungen umdrehen kann, ist ja immer noch auf freiem Fuß. Die können ihre Märchen zwar nicht mehr an die großen Firmen verkaufen, aber vileicht kommen jetzt die Contentprovider aus der 2. Reihe dran.
Sollen wir (also die Inhaltskonsumenten) solange mit der Nachricht, daß Bezahlen normal ist, überschüttet werden bis wir daran glauben, es für gut halten, und danach verlangen? Die bleierne Zeit des Kanzlers der lieber nur 'gute' und 'fröhliche' Nachrichten wollte ist doch (in D) vorbei - oder?
Und geklappt hat das ja nichtmal richtig bei Premiere, da öffnete selbst die so sicher geglaubte 'dumpfe Masse' der Fußballjunkies die Brieftasche nicht so bereitwillig wie allgemein vermutet - klar, die Schuld hatte das 'Free-TV' das plötzlich viel zu gut war, und doch bitte schlechter werden sollte. Dabei war man doch mit dem Anspruch angetreten das man ja viel besser sei und sich da locker von absetzen könnte - Satz mit X.
Versteht mich nicht falsch, das Bezahlweb oder besser das Bezahlen für Inhalte macht Sinn, und bleibt weiter ein Teil des Netzes. Aber eben nur da wo die Inhalte auch Premium sind, und nicht einfach nur kostenpflichtiger Durchschnitt, oder kastriert.
Auch wenn Analogien nicht immer greifen, die Situation ist nicht unähnlich der beim Buch- und vor allem Notendruck - Nachdem mal die Neuigkeit weg war, war Zahlen nur angesagt für Dinge die wirklich dem Käfer zur Verfügung standen. Musikabodienste, deren Bedingungen eher wie die Alptraumversion eines Rechtsanwaltsdurchfalls aussehen und den Kunden zur Melkkuh ohne jedes Recht machen sind auf jeden Fall nicht der Weg. Die Verlage haben einen gangbaren Weg gefunden, für die Musikindustrie - und alle anderen 'Premiumanbieter' außer Büchern - steht der noch aus.
Lustigerweise hat gerade die Buchbranche, soweit ich das Beurteilen kann, die geringsten Probleme mit dem Netz. Im Gegenteil. Zumindest aus Verlags(und Autoren-)sicht hat es sich zu einem der wichtigsten Vertriebskanäle entwickelt. Daneben wurde mit Books on Demand der Pfad beschritten der auch langfristig das Buch wie wir es kennen erhalten wird - wenn nicht sogar seinen Nutzen (und Nutzung) erhöht. Wenn ich jedes Buch das mich interessiert zu akzeptablen Preisen sofort, oder in 1-2 Stunden im Buchladen (BoD Druck im Hinterzimmer), oder über Nacht geliefert bekommen kann, werde ich weder die Zeit noch den Aufwand investieren irgendwas zu kopieren. Im Moment läuft noch ein Rückzugsgefecht bei den elektronischen Büchern um Kopierschutz und so, aber ich habe das Gefühl, daß dies eher von Geräteherstellern und Consultants (*1) geführt wird als von den Verlagen. Es ist abzusehen das eine liberale Haltung wie beim echten Buch gewinnen wird: Kauf es und es ist Dein.
Klar, ein paar werden immer kopieren. Aber sowie ein echter Zwang wegen prohibitiv hoher Preise, oder schlichter Nichtverfügbarkeit nicht mehr besteht, verschwindet das bis auf einen nicht ausrottbaren Bodensatz. Ich bin jetzt in der Rechnertechnik seit fast 25 Jahren. Ich hab die Mikros von Anfang an mitgemacht. Da gab es Zeiten da war praktisch alle Software die ich hatte kopiert und alle Handbücher und viele Computerbücher Photokopien! Nicht unbedingt weil es billiger war - nein, es war praktisch nicht möglich die Bücher zu bekommen. Wer mal ein 200 Seiten Buch im Copyshop kopiert hat - und 15 Pfennig pro Seite bezahlt hat weiß das kopieren alles andere als Geldsparend ist. Auch wenn mir das Geld damals nicht zu den Ohren rauskahm (heute auch noch nicht), hätte ich lieber einfach nur die Kohle hingelegt und Buch/Software mitgenommen. Damals war es aber eine größere Aktion ein Buch aus den USA zu bestellen, das oft nichtmal eine ISBN hatte, bei Software sah es noch schlimmer aus. Heute sammele ich alte Rechner, und es ist eine meiner Absichten zu dokumentieren was für heute unverständliche Anstrengungen unternommen wurden an Doku oder Soft zu kommen. Heute ist das, was Verfügbarkeit anbelangt Geschichte - und bei den Preisen ist es fast so. Für die meisten Zwecke gibt es genug günstige, oft sogar freie Soft. Und da wo die Löhnpakete teuer sind, ist die freie Soft meist gut genug um damit mit etwas mehr Arbeitsaufwand das gleiche Ziel ereichen zu können.
Na ja, eigentlich war ich ja dabei mich über die Kampangnen für das Bezahlweb und deren Propagandisten aufzuregen ...*G*... Was solls,
schönes WE allerseits!
(*1) Leitspruch für Consultants: Wenn man schon nichts zur Lösung beitragen kann so läßt sich doch gutes Geld damit verdienen die Lösung hinauszuzögern
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