NoSuchGuy weiter: "Wie Spiegel Online aktuell berichtet, ist nichts zu sehen von dem ach so großen Angebot von 250.000 Musikstücken. Die Top5 der aktuellen deutschen Single-Charts sind leider nicht über Phonoline verfügbar.
Laut dem Artikel kann '...von einem umfassenden, attraktiven Angebot (...) keine Rede sein. Musik, etwa von den Beatles, Robbie Williams, Madonna (...), gibt es derzeit überhaupt nicht.' Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, die Musiker und Sänger, die international die Hallen und Stadien füllen, sind online nicht verfügbar! Ist das Ignoranz oder die Gier nach CD-Verkäufen? Vielleicht herrscht ja bei den deutschsprachigen Künstlern ein größeres Angebot. Der Artikel weiter: 'Fehlanzeige auch bei Songs von den Ärzten, Herbert Grönemeyer oder den Toten Hosen.' Es scheint, das Ganze hat System.
Ebenso katastrophal die Situation bei den aktuellen Charts: Die Top Five der Single-Hitparade (15. Kalenderwoche) findet man zwar bei Tauschbörsen wie KaZaa - nicht jedoch bei Phonoline. Immerhin sind schon mal die Plätze sechs bis zehn legal im Angebot.
Bei den Longplay-CD-Charts sind gerade zwei von zehn Alben verfügbar - ein Plattenladen mit derart leeren Regalen müsste nach ein paar Wochen mangels Umsatz wieder schließen.
'Was wir hier haben, ist einmalig in der Welt: eine Branchen übergreifende Plattform', jubelte Gerd Gebhardt vor drei Wochen auf der Cebit. Doch die Branche scheint nicht mitzuspielen, wie sonst sind die großen Lücken im Repertoire zu erklären?
Oder halt ein System wie bei der Maut? Auf Phonoline.de ist nämlich Folgendes zu lesen: 'Mit größter Gelassenheit steht die gesamte Musikwirtschaft hinter diesem Vertriebsweg'. Also muss ein System dahinter stecken?!" Soweit NSG und der Spiegel.
System? Vielleicht, für mich ist das aber eher ein Nebeneffekt moderner Unternehmens'führung', wie sie sich allerorts zeigt. Anstelle initiativ, eben unternehmerisch tätig zu sein, wird nur verwaltet (Neudeutsch: Management). Jede verwalterische Tätigkeit hat aber zwei prinzipielle Nachteile: sie muß sich im gegebenen Rahmen bewegen (d.h. ja nix Neues probieren) und die Effizienz ist immer kleiner als 100% - eine Verwaltung ist schließlich ein Regelungssystem und wie man in der allerersten Stunde Mess- und Regeltechnik bereits lernt, verbleibt bei jeder Regelung immer ein Delta zwischen Soll und Ist.
Gerade das Verhalten der Plattenindustrie ist ein Musterbeispiel für den Unsinn der beliebten Theorien 'Beschränkung auf's Kerngeschäft' und der 'Hauptertragsfelder'. Hab ich Theorien gesagt? Besser sollte man es beim Namen nennen: Milchmädchenrechnungen. Man beschränkt sich auf immer weniger, angeblich ach so ertragreiche Stars, und kündigt all das 'Kleinzeug', das ja nur Arbeit macht und viel zu wenig 'Rendite' bringt. Gleichzeitig kann man ja auch noch die Preise anheben und dadurch dann die Einnahmen nochmals optimieren, es gibt ja nichts anderes mehr.
Unheimlich logisch auf den ersten Blick. Daß die daraus entstehende, fast schon realsozialistische Angebotsverknappung eben nicht dafür sorgt, daß alle den angebotenen Einheitsbrei kaufen, ist in diesem Denkmodell aber unverständlich. Da muß dann ja was faul sein und wie bestellt, bieten sich die bösen, bösen Downloader (und erst recht die Raubkopierer) als Ursache an. Klar, man hat keine harten Zahlen, aber es ist doch völlig logisch, daß alle ganz heiß auf die Produkte der Superstars sind. kann ja gar nicht anders sein, man hat ja selbst darauf gesetzt.
Was dabei aber übersehen wird, ist, daß Musik, zumindest in gekaufter Form, eben nicht so überlebenswichtig ist wie Brot oder Butter. Wenn das, was einem angeboten wird, sich nicht von der Beliebigkeit des Gedudels in den werbebegleitenden Musikblocks der Dudelsender unterscheidet, warum soll man sich dann überhaupt noch dafür interessieren?
Ich behaupte, nicht die Technik hat etwas verändert, sondern die Plattenfirmen haben sich selbst ins Abseits manövriert. Ein gutes Beispiel sind die Unterschiede zwischen vor 30 Jahren, als die Kassette aufkam (und die Musikindustrie gejault hat über all die Raubkopierer) und den heutigen Jugendlichen in meiner Umgebung. Ich bin damals noch stundenlang am Radio gesessen und hab Musik auf Kassetten aufgezeichnet, hab mir Platten (und Tonbänder, ja das gab es damals noch) von Freunden ausgeliehen und diese kopiert. gleichzeitig hab ich aber auch eine beachtliche Menge an Geld in neue Platten gesteckt.
Heute ist, zumindest bei den Jugendlichen die ich kenne, Musik kopieren da kaum ein Thema, auch die Menge an gekauften CDs ist eher gering. Da stehen fast mehr Benjamin Blümchen CDs im Regal als Musik. Das Geld fliesst heute in Spiele für die PS, den PC oder das Handy, neue Klingeltöne und Logos. Bei all diesen Sachen ist die Situation dann aber interessanterweise wie vor 30 Jahren. Es wird viel untereinander kopiert, getauscht, aber auch gekauft (Wenn ich bei meiner Großen nachschaue, dann sind 2/3 der Spiele Originale und ich frag mich immer, wo das Geld herkommt. :).
Vielleicht bin ich ja nur von Einzelfällen umgeben, irgendwie will mir das aber nicht so scheinen.
Der einzige Weg für die Musikindustrie hier nochmal Fuß zu fassen, ist sich wieder die Finger mit guter alter, harter Arbeit schmutzig zu machen. Anstelle Zeit und Geld für Powerpointfolien und Präsentationen zu verschwenden, warum man hilflos am Absaufen ist und alle anderen schuld sind, muß die Basisarbeit wieder erledigt werden. Nicht Musik 'machen' und binnen wenigen Monaten hochpushen und auspressen, sondern ganz altmodisch viele verschiedene Künstler rausbringen und dem Markt zu Preisen anbieten, die man auch gerne zahlt.
Passend dazu hatte ich letztens ein interessantes Gespräch mit einem Angestellten im WOM, hier in München, der sich um Bestellungen und 'Spezialfälle' kümmert und schon seit einigen Jahren dort tätig ist. Er meinte, daß gerade die kleinen Verlage und deren Künstler die Gewinner der aktuellen Situation seien. Die Nachfrage nach deren Produkten ist ungebrochen, wenn nicht sogar ansteigend. Klar, 'managermässig' sind das absolute Problemfälle, von jeder CD werden da nur ein paar im Monat verkauft, von manchen im ganzen Jahr nur wenige und man muß ein riesiges Repertoire vorhalten. Alles kontraproduktiv im Megaprofitdenken, aber die Musik die allen gefällt, immer neu und immer verschieden ist, und das alles in einem einzigen Lied, wird es nie geben.
Völlig unzusammenhängend, aber wesentlich positiver hat termcap auf OSnews einen Link zu einem wirklich interessanten Mini-ITX-Gehäuse gefunden: eine Windows XP Schachtel! Klar, Windows XP mag ja nicht jedermanns Sache sein, nett ist es schon. Der Abschuß ist aber die Dualbootfähigkeit mit Red Hat (in entsprechender Schachtel): der Rechner wird einfach auf den Kopf gestellt, wie eine Sanduhr ... je nach Lage wird gebootet ... da böte sich doch ein Mini-ITX-Würfel an, der je nach dem wie er 'fällt', Win 3.1, Win98, WinXP bzw. RedHat, SuSE oder Gentoo bootet. *G*
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