AtheOS steht zwar unter der GPL, die Core-Bereiche (Kernel, GUI-System, etc.) werden aber nur von Kurt Skauen entwickelt. Er lässt auch keine Patches für diese Core-Bereiche zu. Es sei denn, sie stopfen Sicherheitslücken. Patches die dem System neue Funktionen hinzufügen, lehnt er aber generell ab. Da Kurt in den letzten Monaten keine Zeit in die Entwicklung von AtheOS mehr steckte, ist das Projekt beinahe zum Stillstand gekommen. AtheOS fehlen weiterhin Treiber und vorallem Netzwerk-Unterstützung (DHCP, PPP, etc.)

Wegen Kurts "Ich entwickle das Core-System, ihr könnt von mir aus Applikationen schreiben"-Haltung war ein Fork eigentlich vorauszusehen. Bereits Ende September 2001 wurde eine Portierung des AtheOS-GUI-Systems nach Linux auf der AtheOS-Mailingliste angekündigt. Diese Idee wurde aber von den meisten AtheOS-Usern nicht unterstützt. Kurt Skauen reagierte mit einem ":(" auf diesen Port des AtheOS-GUI-Systems.

Nun hat Bill Hayden diese Idee in den letzten sechs Monaten weiter vorangetrieben und gestern dieses Announcement zu "New AtheOS" gemacht. Bill nennt seine Entwicklung "New AtheOS", bis er die Domain-Namen und Lizenzrechte des eigentlichen Namens evaluiert hat. Kurz zusammengefasst weisst Bills "New AtheOS" folgende Features auf:

• Läuft auf Linux (dem Kernel!), nicht mehr dem AtheOS-Kernel
• Die AtheOS API wurde mit der BeOS API vereint
• PowerPC Support
• gcc 3.0.X kompatibel
• OpenTracker/Deskbar

Dies bedeutet, dass die meisten BeOS-Programme ohne oder mit kleinen Änderungen zu kompilieren und starten sind. Zudem wird von Linux eine Unmenge an Hardware unterstützt. Das Treiber-Problem wäre also gelöst, ebenso das Problem mit der fehlenden Netzwerk-Unterstützung des AtheOS-Kernels. Ausserdem läuft das System auch unter Apple-Hardware und in Zukunft wohl auch auf jeder von Linux unterstützten Plattform. Dinge die Bill noch nicht implementiert hat sind u.a. Printing und das Media Kit.

Ein Release des von Hayden modifizierten AtheOS (oder besser gesagt: Linux mit AtheOS-GUI-Server, d.h. Linux mit GUI aber ohne X :)) wird es aber erst geben, wenn OpenTracker/Deskbar ohne Fehler kompiliert wurden und stabil laufen.

Die AtheOS-Community reagierte sehr differenziert auf diese Ankündigung. Einige unterstützen Hayden, da sie sich so mehr Entwickler und Interesse für AtheOS erhoffen, den "New AtheOS" soll mehrheitlich kompatibel zu AtheOS mit AtheOS-Kernel bleiben. Dadurch könnte Software für AtheOS auf "New AtheOS" entwickelt werden und wenn der AtheOS-Kernel mal genügend Features, d.h. genügend gute Hardware- und Netzwerk-Unterstützung aufweist, könnte die Software zurück portiert werden. Man hätte auf der Basis von Linux mit einem Schlag ein produktives System und könnte später wieder zum AtheOS-Kernel zurückkehren (Das kommt mir irgendwie bekannt vor... Ihnen nicht auch, Herr Stallman? :)).

Andere hingegen sind völlig gegen diese Entwicklung und sehen die Vorteile von AtheOS in seinem Kernel und nicht bloss im GUI-System. Sie wollen Kurt Skauen auch nicht sein "Baby" wegnehmen, da er immer wieder gekränkt auf Fork-Ankündigungen reagiert. Aber damit musste er ja rechnen, als er sein Betriebssystem unter der GPL veröffentlichte.

Eine dritte Gruppe wiederum ist zwar für einen Fork aber nur auf Basis des AtheOS-Kernels. Dazu wurde auf der Mailingliste auch schon eine Ankündigung gemacht.

Ich persönlich bin eigentlich für einen Fork, bin aber derselben Meinung wie die meisten der AtheOS-Community, dass man Kurt Skauen erstmal Gelegenheit geben sollte, sich zu den Ankündigungen zu äussern. Auch die Portierung des AtheOS-GUI-Systems auf Linux finde ich begrüssenswert: X braucht dringend einen Ersatz. AtheOS-GUI könnte ein solcher Ersatz sein.

Was halten denn die Symlinker von Linux mit AtheOS-GUI-System oder einem AtheOS-Fork? Wird AtheOS zu einem echten Konkurrenten für BlueOS und OpenBeOS?