Angekündigt war der Begin für 12 Uhr (*2), es lief aber erstmal gute Musik gegen Zensur. Auf dem Platz versammelten sich etwa 800 Teilnehmer. Es war eine sehr bunte Mischung aus ganz Bayern, selbst aus entfernten Städten wie Rosenheim, Ingolstadt und Nürnberg (200km!) angereist. Neben der Mehrzahl der erwarteten Klientel junger Leute waren aber alle Altergruppen vertreten - vom eher alternativ angehauchten Altlinken bis zu einer Dame aus der sichtbar 'besseren' Gesellschaft im Sommer-Kostuem. Letztere brachte im Gespräch deutlich ihre Angst vor den derzeitigen Bestrebungen zum Ausdruck. Das Thema Zensur und Bürgerrechte ist eben nicht nur für einige Träumer wichtig.

Richtig los ging es, bei bewölktem Himmel, kurz vor halb Eins (*3) mit Reden des Veranstalters, sowie Vertreten des AK Vorrat/AK Zensur, der Grünen, der FDP und der Piratenpartei. Während bei der allgemein guten Rede Jerzy Montags (MdB, Grüne) bei der Erwähnung des konsequenten Eintretens der Grünen gegen Zensur ein Raunen durch die Menge ging (*4), wurde Jimmy Schulz (FDP) Rede unerwartet positiv aufgenommen und von langanhaltendem Aplaus begleitet. Natürlich betonte jeder Redner, dass er nicht für Kinderpornos sein (*5) - letztendlich geht es aber um Zensur, und bei Zensur ist nicht nur der Zensierte das Opfer, sondern jeder von uns. Diesen Sachverhalt hat auch Michael Jäger mit Vortag seiner Geschichte vom Stadtpark in Szene gesetzt.

Noch wärend den Reden fing selbst der Münchner Himmel an zu weinen, über die Gewalt die der Demokratie angetan wird. Will heissen, es goß aus Kübeln. Aber selbst der schwere Wolkenbruch, teilweise mit Hagel unterfüttert, konnte die gute Stimmung nicht brechen. Die Leute teilten sich mitgebrachte Schirme, stellten sich unter Bäume, oder nützten die Unterstellmöglichkeiten der Wirtschaft am Sendlinger Tor sowie der U-Bahn. Die Veranstalter versuchten es zuerst mit Abwarten, Musik und weiteren Reden, stellten dann aber die Beendigung zur Diskusion. Nach Protesten und eindeutigen Willensbekundungen weiterzumachen, startete dann doch, im strömenden Regen, der Marsch zur Staatskanzlei.

Kurz vor dem Abmarsch wurde die (noch) frische Nachricht vom Übertritt des Bundestagsabgeordneten Jörg Taus zur Piratenpartei bekantgegeben, was einen langen Aplaus bescherte (*6). Als Hashtag wurde die Parole #zensursulamuc ausgegeben.

Auf den Videos kommt die Größe nur schlecht rüber, aber immerhin ist Marks Lautsprecherwagen (*7) zu sehen. Von alten Demo-Machern inspiriert wurden auch einige eingängige Parolen ("Nur die Diktatur braucht Zensur" oder "Netzzensur im ganzen Land - unsere Antwort: Widerstand") geschmettert. Abgesehen von einem SUV-Fahrer am Viktualienmarkt, der trotz Ermahnung durch einen Polizisten mit halsbrecherischen Manövern der Demo 'entkommen' wollte, wurde der Treck gut von den Passanten und Autofahrern aufgenommen. Nachdem der Regen endete waren noch gut 487 Teilnehmer (*8) im Zug. An der Staatskazlei begann um 15.15 eine kurze Schlußkundgebung, die leider nicht für alle Teilhemer verständlich war.

Zusammenfassend kann man sagen dass die Organisation zwar verbesserungswürdig ist (*9), angesichts der kurzen Zeit von nur 3 Tagen aber erstklssig war. Die Stimmung war von Anfang an Super. Es war eine Aufbruchsstimmung wie ich sie bei politischen Anläßen schon seit wenigstens 25 Jahren nicht mehr erlebt habe.

Auch in Berlin war die Veranstaltung mit gut 500 Teilnehmern gut besucht. Prominentester Redner war wohl Jörg Taus der nach seinem Austritt aus der SPD erste Bundestagsabgeordnete der Piratenpartei. Mit seinen Bedenken den Kurs der gegenwertigen Regirungsparteien zum Ausbau des Überwachungsstates und der Zensur mitzutragen trifft er den Nerv vieler alteingesessener Sozialdemokraten.

In Aschaffenburg war die Veranstaltung naturgemäß keiner und als als Beerdingung von Artikel 5 GG geplant. Auch hier war der Zuspruch erstaunlich gut.

Im viel kleineren Karlsruhe hat die Veranstaltung mit rund 200 Teilnehmern ebenfalls alle Erartungen übertroffen, wie Pauls Bericht zeigt. Falls ihr noch Teilnehmer bei Kundgebungen in anderen Stadten wart, ist ein Kurzbericht als Kommentar sicher sinnvoll.

--

*1 - Raffzahn-Zählung während der Kundgebung am Sendlinger Tor mittels Stichproben.

*2 - Endlich mal wieder eine vernünftige Zeit, anders als bei scheinbar schon verbamteten Parteien und Gewerkschaften, die Ihre Termine auf 9 Uhr frueh legen, so dass die Verantwortlichen möglichst schnell ins WE verschwinden können.

*3 - Und wie im IT Bereich üblich sind noch bis 13 Uhr weitere Teilnehmer eingetröpfelt.

*4 - Nach den zu hörenden Kommentaren lag das wohl stark am niederschmetternden Stimmverhalten der Grünen zum Zensurgesetz.

*5 - was auch sonst?

*6 - Bezeichnend für die beginnende (oder schon vollendete) Lösung der SPD von der Realität ist die prompte Forderung der baden-württembergischen SPD-Vorsitzenden Ute Vogt an Taus sein Mandat zurückzugeben, da dies ja die zwangsläufige Konsequenz aus seinem Austritt aus der Partei sei. Zensurula ist wohl nicht die Einzige, die etwas Nachhilfe in Demokratie braucht.

*7 - Ein auf Gasbetrieb umgebauter amerikanischer Spritschlucker-Bus mit Anhänger auf dem die Soundanlage mit einem Moppel betrieben wurde - hab ich schon gesagt, dass die münchner Organisation sehr professionell war?

*8 - Raffzahn-Zahlung am Isartor mittels eines Taschenrechners mit Konstantenspeicher (1 + 1 = = = ...)

*9 - Wichtig ist es zum einen erprobte Maßnahmen aus dem Gewerkschafts- und (früherem) Parteienhandwerkszeug zu übernehmen, zum anderen aber auch unsere eigenen modernen Mittel einsetzen, also das Netzt nicht nur zur Vorbereitung, sondern auch während der Veranstaltung zur bundesweiten Information zu verwenden.